Die Wüste reinigt die Seele!
(Tuareg Sprichwort)
Éla und der Sohn des Sonnengottes ist bei Amazon erhältlich
Urheberechtlich geschütztes Material
Euphranta 526 v. Chr
Risch rasch, risch rasch, risch rasch, risch rasch …
Das wischende Geräusch eines munter geschwungenen Reisigbesens drängte sich in Élas sehnsuchtsvollen Traum. Krampfhaft versuchte sie, ihren Liebsten zu erreichen, der mit weit ausgebreiteten Armen auf sie wartete. Doch sein Körper verschwand unaufhaltsam im milchweißen Nebel, der sich zwischen ihre Lider drängte. Zornig blinzelte sie gegen den geschlossenen Fensterladen, der das kratzende Geräusch genauso wenig abzuhalten vermochte, wie die ersten frühmorgendlichen Sonnenstrahlen, als trügen sie die Schuld an ihrem schmerzlichen Verlust. Ein unmutiges Schnauben blähte ihre Nasenflügel, als sie dem Fenster ihren Rücken zudrehte, in der Hoffnung, wieder in ihren tröstenden Traum zurückgleiten zu können. Doch selbst ihre nach Lavendel duftende Leinendecke, die sie bis zu ihrer Nasenspitze hochzog, konnte dieses morgendliche Ärgernis nicht verdecken, das sie auch von der anderen Raumseite her mit voller Härte traf. Die gleißenden Sonnenstrahlen wanderten bereits über die weiß getünchte Wand ihres Schlafraums und strahlten von dort aus direkt auf ihre geschlossenen Augenlider. Verärgert krauste sie ihre Nase und warf sich erneut auf ihrem Lager herum. An Schlaf oder süße Träume war unter diesen Umständen nicht mehr zu denken. Schmollend vergrub sie ihren Kopf in dem weichen Federkissen, dem ebenfalls ein zarter Lavendelduft entströmte.
Für ein Kind der immer noch halb nomadisch lebenden Völker des südlichen Hochlandes bedeutete ein Besuch in der Hafenstadt Euphranta mit all seinen Annehmlichkeiten ein überaus seltenes und kostbares Geschenk. Und sie hatte sich vorgenommen, diesen spontanen Besuch bei ihrer Großmutter in vollen Zügen zu genießen. Dazu gehörte selbstverständlich auch der Luxus, ihre weiche, duftende Bettstatt erst deutlich nach Sonnenaufgang zu verlassen.
Doch Meriths Diener hatten für derlei Bedürfnisse anscheinend nicht das geringste Gespür. Kurz erwog sie, ihre Großmutter zu bitten, die Reinigung des Innenhofes zukünftig um eine Stunde verschieben zu lassen, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Solch eine Bitte würde ihr nur das Getuschel der Dienerschaft einbringen. Müßiggang war eines jener Laster, das ihre Familie zutiefst verabscheute.
Der Klang kräftiger Schritte ließ den Reisigbesen unvermutet verstummen, und eine schwankende Knabenstimme, der man die tiefe Verneigung anhören konnte, die der Junge vollführte, tönte zu ihr herauf: »Seid gegrüßt, hoher Herr. Wie kann ich Euch dienen?«
»Lauf und sag dem Stallknecht, dass ich mein Pferd in Kürze brauche. Er soll es fertig gesattelt zum Haus bringen.«
»Jawohl, mein Herr«, antwortete der Junge eilfertig und rannte mit klappernden Sandalen über den Hof, während der Mann knirschenden Schrittes ins Haus zurückkehrte. Éla seufzte entnervt: Amayas natürlich, ihr Reisegefährte und Beschützer. Er würde seinen Tagesablauf mit Sicherheit nicht verändern, weil er sich in einer großen, verführerisch fremdartigen Stadt befand. Ihn kümmerte es nicht, dass das Leben hier in geruhsameren Bahnen verlief. Schließlich hatte er diese Reise geplant, um für seine Familie Vieh und allerlei Hauhaltsgegenstände einzukaufen. Sie hatte sich, als er seinem Freund Chajan, ihrem Vater, von seinen Plänen erzählt hatte, spontan entschieden, ihn zu begleiten. Ein Entschluss, der besonders ihrer Stiefmutter Sadeh tiefe Sorgenfalten in die Stirn getrieben hatte, sorgte sie sich doch besonders um ihr seelisches Wohl. Doch sie konnte ihren Vater mühelos davon überzeugen, wie nützlich und heilsam der Besuch bei ihrer Großmutter zu werden versprach. Daher bat er seinen Freund, sie mitzunehmen.
Éla seufzte entnervt: Amayas natürlich, ihr Reisegefährte und Beschützer. Er würde seinen Tagesablauf mit Sicherheit nicht verändern, weil er sich in einer großen, verführerisch fremdartigen Stadt befand. Ihn kümmerte es nicht, dass das Leben hier in geruhsameren Bahnen verlief. Schließlich hatte er diese Reise geplant, um für seine Familie Vieh und allerlei Hauhaltsgegenstände einzukaufen. Sie hatte sich, als er seinem Freund Chajan, ihrem Vater, von seinen Plänen erzählt hatte, spontan entschieden, ihn zu begleiten. Ein Entschluss, der besonders ihrer Stiefmutter Sadeh tiefe Sorgenfalten in die Stirn getrieben hatte, sorgte sie sich doch besonders um ihr seelisches Wohl. Doch sie konnte ihren Vater mühelos davon überzeugen, wie nützlich und heilsam der Besuch bei ihrer Großmutter zu werden versprach. Daher bat er seinen Freund, sie mitzunehmen.
Amayas, den die Aussicht auf Meriths Gastfreundschaft zwar reizte, schließlich waren Chajan und er wie Brüder aufgewachsen und er hätte ihr sowieso einen Besuch abgestattet, bat sich jedoch aus, Éla jederzeit wieder zurückschicken zu dürfen, wenn sie ihn oder seine Diener behindern würde. Natürlich bezog sich sein Einwand auf ihr zunehmend launisches Gemüt, das sie in den vergangenen Monaten entwickelt hatte. Eine Reaktion auf all die unsensiblen, ehrwürdigen Männer, die ihre Söhne gerne mit ihr verheiratet hätten. Manchmal fühlte sie sich wie eine Zuchtstute, von der man erwartete, dass sie sich nach dem Tod des Leithengstes von jedem x-beliebigen Nachfolger bespringen lassen würde.
Éla wischte den Gedanken an ihre Verehrer schnell wieder beiseite. Bisher hatte sie es geschafft, einer Ehe aus dem Weg zu gehen, ohne ihre Freunde und Nachbarn zu beschämen. Doch irgendwann könnte ihre permanente Ablehnung den Dorffrieden stören. Daher hatte sie ihren Vater gebeten, ihr ein eigenes Haus zu bauen und sie mit Dienern und einer kleinen Viehherde auszustatten. Das entsprach ungefähr dem Wert ihres Erbes und würde allen ihre Unabhängigkeit aufzeigen.
Aber nun war sie hier, einen Fünfzehntageritt von ihrem Dorf entfernt, und sie hatte vor, diesen Aufenthalt zu genießen. Vielleicht gelang es ihr hier, eine Lösung für ihr Problem zu finden.
Éla rollte sich auf ihren Rücken und reckte ihre schlaffen Glieder.
Amayas würde sie sicher bei seinem kleinen Morgenimbiss vermissen. Er war ein Mann von hoher Integrität, Prinzipientreue und der geschickteste Händler, den sie kannte. Und da sie sich seinen Respekt auf ihrer Reise hart erarbeitet hatte, beschloss sie, diese Gunst keinesfalls wegen einer Lappalie, wie dem Wunsch nach einer ausgedehnten Bettruhe, aufs Spiel zu setzen. Schließlich hatte er ihr vor ihrem Aufbruch unmissverständlich erklärt, dass er keinerlei Rücksicht auf sie nehmen werde, weder auf der Reise, noch in Euphranta. Dies war eine Bedingung, die ihr sehr entgegenkam. Denn es war die offenkundige Rücksichtnahme und das Mitleid, das ihr inzwischen unerträglich geworden waren.
Éla schluckte schwer, als der Schmerz sich ohne Vorwarnung in ihr Herz bohrte, und setzte sich ruckartig auf. Verzweifelt schlug sie ihre Hände vors Gesicht, in dem unsinnigen Bemühen, die Tränen zurückzuhalten, die bereits über ihre Wangen perlten.
Alleine der Gedanke an Wanber, an seine Zärtlichkeit und Liebe, löste in ihr immer noch das Gefühl aus, beinahe ersticken zu müssen. Genau wie an jenem schrecklichen Tag, kurz vor ihrer Hochzeit, als seine Begleiter seinen blutüberströmten Körper ins Dorf brachten, spürte sie wieder, wie ihr Herz starb. Dabei waren inzwischen achtzehn Monate vergangen, achtzehn lange, einsame Monate.
Wie immer in solchen Momenten versuchte sie sich sein Gesicht in Erinnerung zu rufen, um Trost in seinen blitzenden, weihrauchfarbenen Augen und seinem lachenden, zärtlichen Mund zu finden. Sie hoffte noch immer auf das Versprechen Awinugus, ihres weisen Sehers, dass die Liebe der Verstorbenen die Lebenden bis zu ihrem eigenen Ende begleiten und beschützen werde. Doch sein Bild begann zu verblassen. Er entglitt ihr, mit jedem neuen Tag, den sie ohne ihn verbringen musste.
Der schlimmste Frevel in ihren Augen war jedoch, dass bereits ein Jahr nach Wanbers Tod die ersten Männer wieder bei ihrem Vater vorgesprochen hatten, um seine Zustimmung zur Werbung ihrer Söhne oder für sich selber zu erhalten. Und der war nicht abgeneigt!
Was dachten sich die Männer eigentlich? Dass man ihr nur zu schmeicheln brauchte, um sie ins Ehebett zu bekommen? Sie wollte keinen anderen Ehemann! Nicht jetzt und auch nicht in absehbarer Zeit! Dabei spielte es für sie keine Rolle, dass sie bereits neunzehn Sommer zählte. Und es war ihr auch egal, dass alle ihre Freundinnen inzwischen glücklich verheiratete Mütter süßer Kleinkinder waren. Warum lässt man mich nicht einfach in Ruhe? Erzürnt schlug Éla ihre Decke zurück und schwang ihre Beine über den hölzernen Rahmen des Bettgestells.
Bisher hatte ihr Vater ihrem Wunsch entsprochen und alle Freier vertröstet. Doch inzwischen ließ auch seine Geduld merklich nach. Er sprach es nur nicht offen aus. Aber ihr Wunsch, ihr ein eigenes Haus zu bauen und ihr Diener, Sklaven und einen Leibwächter zu stellen, fiel auf fruchtbaren Boden und zeigte ihr überdeutlich, dass auch ihn ihr mitunter aufbrausendes Wesen zu ärgern begann. Deshalb hatte er wohl auch so schnell ihrer Bitte nachgegeben und seinen Freund Amayas gebeten, sie mit nach Euphranta zu nehmen. Hier, weit fort von ihrem Dorf, hoffte sie, dass sie endlich die Ruhe finden würde, die ihr zuhause versagt geblieben war, um ausführlich über ihre Zukunft nachdenken zu können.
Seufzend stand sie auf, wischte die letzten Schlieren von ihren Wangen, ging zu der hohen Holztruhe, auf der Sonya, Meriths Dienerin, ihr eine frische Tunika zurechtgelegt hatte, und kleidete sich an.
Amayas stand mit dem Rücken zur Tür, als Éla das längliche Speisezimmer betrat. Er trug eine beigefarbene, bauschige Hose, die aus festen, weinroten Lederstiefeln lugte. Darüber hatte er seinen dunkelblauen Reiseumhang geschlungen, der von einem reich verzierten Gürtel gehalten wurde. Seine schwarzen Locken fielen in weichen Wellen bis auf seine Schultern. Er war immer noch ein gutaussehender Mann, trotz einzelner grauer Haare, die im Licht der Morgensonne silbern blitzten. Sein kantiges Gesicht, in das die Weisheit seines fortgeschrittenen Alters etliche Furchen gegraben hatte, konnte durchaus sympathisch wirken, wenn er es wollte, und mit seinen gerade einmal vierzig Sommern war er immer noch ein versierter Kämpfer und brachte die jungen Männer bei den jährlichen Kampfspielen regelmäßig in Bedrängnis. Sie kannte ihn von klein an und schätzte sein ausgeglichenes Wesen und seinen scharfen Verstand. Vielleicht konnte er ihr helfen, einen Weg zu finden, mit ihrem Verlust weiterzuleben.
Amayas unterhielt sich mit Merith, die ihm mit ernster Miene lauschte. Worüber er sprach, konnte sie kaum verstehen. Seine Stimme summte in ihren Ohren wie ein Schwarm Honigbienen. Das einzige Wort, das sie klar verstand, war: »Problem«. Doch seine Rede erstarb im selben Moment, in dem Merith sie im Türrahmen entdeckte.
»Mein liebes Kind, du bist ja schon wach«, begrüßte sie ihre Großmutter und kam lächelnd auf sie zu, um sie zu umarmen. »Ich hoffe, das Bett und das Zimmer sind zu deiner Zufriedenheit? Ich wünsche mir nichts mehr als dass du dich bei uns wohlfühlst, Kind.«
Das Wort »Kind« gefiel Éla ganz und gar nicht. Schließlich war sie längst eine erwachsene Frau. Aber sie unterdrückte ihren Zorn, der sich in den vergangenen Monaten viel zu schnell in ihr Gesicht gebrannt hatte und erwiderte die herzliche Umarmung.
»Ja, danke, Großmutter« antwortete sie freundlich und küsste Meriths Wangen. »Das Bett ist einfach fantastisch und der Raum überaus großzügig und hell. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal so gut geschlafen habe.«
»Das freut mich, mein Kind«, strahlte Merith und wandte sich wieder Amayas zu.
Éla löste sich von ihrer Großmutter und begrüßte ihn mit einem zierlichen Nicken. »Ich wünsche Euch einen erfolgreichen Tag, mein Herr«, sprach sie ihren Begleiter höflich an. »Mögen Eure Ahnen Euren Weg begleiten und Eure Geschäfte segnen. Mögen die Händler Eurer Weisheit huldigen und Euch ihre besten Tiere verkaufen, die sie ihr Eigen nennen, damit Eure Herden wachsen und gedeihen.«
Amayas verzog seinen Mund zu einem breiten Schmunzeln. Er verbeugte sich leicht und funkelte sie vergnügt an.
»Für die Händler verbirgt sich die Weisheit ihrer Kunden zumeist in deren Geldbeuteln. Mögen die Ahnen mir gewogen sein und mir möglichst viel meiner Weisheit belassen. Aber wie ich sehe, hat Euch die Nachtruhe gutgetan. Ihr strahlt heute heller als die Sonne, schönste Dame.«
Éla errötete unwillkürlich. Wann hatte ein Mann sie das letzte Mal in solch einer Weise öffentlich hofiert? Nein, wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie annehmen, dass Amayas mit seinen Worten um ihre Gunst werben wollte. Doch er war glücklich mit Kija verheiratet. Wahrscheinlich sollten seine Worte ihre Großmutter lediglich daran erinnern, dass das »Kind« längst keines mehr war.
»Es freut mich sehr, dass euch eure Räume gefallen«, ergriff Merith geschmeichelt das Wort. »Und ich freue mich ganz besonders, auch dich endlich einmal in unserem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen, Amayas. Ich hoffe, dass mein Mann rechtzeitig von seiner Reise heimkehrt.«
»Eure Freude ist auch meine Freude«, erwiderte Amayas mit einer leichten Verbeugung. »Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet? Ich möchte mir auf dem Markt die Pferde ansehen. Vielleicht finde ich einen Händler, der über gute Zuchtstuten verfügt.«
»Natürlich. Geht nur!«, stimmte Merith ihm zu.
»Würdet Ihr mich anschließend auf den Markt begleiten?«, fragte ihn Éla. »Dann könnten wir vielleicht auch schon mal nach den Seidentüchern sehen, die Eure Frau sich wünscht.«
»Gerne«, antwortete Amayas. »Ich schicke Euch meinen Diener, sobald wir zurückgekehrt sind.«
Mit einem Lächeln und einer weiteren Verbeugung verabschiedete er sich und verließ den Raum.
Eins
Zwei Stunden später wanderte Éla langsam und prüfend an den bunten Marktständen entlang. Sie hatte Amayas an einem Stand mit schimmernden Seidenstoffen zurückgelassen. Er hatte sich für einen erlesenen Stoff entschieden. Allerdings näherte sich die Sonne bereits dem Zenit, und er konnte sich immer noch nicht mit dem Verkäufer auf einen gerechten Preis einigen.
»Ich gehe schon einmal einige Stände weiter«, informierte sie ihn ungehalten. Schließlich wollte sie heute auch noch einige Geschenke kaufen, bevor die Händler vor der Mittagshitze flohen. Für ihre Eltern und ihre Brüder brauchte sie etwas Schönes, Ausgefallenes, etwas, das es nur an der Küste gab, und der Markt in Euphranta war einer der größten und besten im gesamten Umkreis. Man fand hier eine unglaubliche Auswahl an Stoffen, Schmuck, Duftölen, Puder und anderem Zierrat. Sogar getrocknete Früchte aus fernen Ländern oder exotische Gewürze lagen auf den Tischen der Händler. Die Düfte des Marktes zogen die Kaufwilligen aus nah und fern in ihren Bann. Éla stellte sich so die Totenwelt ihrer Ahnen vor, in der es ihnen an nichts mangelte. Die Auswahl lockte. Die Geschenke für ihren Vater und ihre Brüder waren einfach: ein schöner Dolch für Chajan und eine lederne Peitsche oder einen breiten Gürtel für ihre Brüder. Aber Sadeh besaß beinahe alles, was sich eine Frau wünschen konnte. Darum fiel es ihr so schwer, sich zu entscheiden: Schmuck, oder Duftöle, oder schimmernden Seidenstoff, oder getrocknete Früchte, oder fein geflochtene Körbe, oder…? Ratlos betrachtete sie das überbordende Angebot.
Während ihrer ziellosen Wanderung hatte sie das Ende des Marktplatzes erreicht. Eine Wegbreite entfernt von den Marktständen, direkt angrenzend an die Schuppen und Lagerhäuser der Händler, war ein massives Holztor in einen doppelt mannshohen Zaun eingelassen. Tor und Zaun wirkten auf sie, anders als die bunten, ornamentreichen Torbögen des hinter ihr liegenden Marktplatzes grau und vernachlässigt. Das Tor stand weit offen, sodass sie eine Reihe Männer erkennen konnte, die langsam an Podesten und Buden vorbei schlenderten und manchmal in dicken Trauben davor stehen blieben.
Was es wohl dort zu kaufen gibt?
Neugierig geworden ging Éla auf das Tor zu. Sie befand sich noch ein gutes Stück vom Holzzaun entfernt, als ihr der Geruch von Urin und Schweiß in die Nase stieg.
Ob dort die Stände der Gerber sind? Ein weiches, seidiges Fell als Bettdecke für Sadeh, das wäre auch ein schönes Geschenk.
Éla hatte gerade das Tor passiert, als sie erkannte, dass sie sich keineswegs den Ständen der Gerber näherte. Auf einem kleinen Podest angebunden an Holzstangen standen zwei Männer, eine Frau und zwei Jungen von vielleicht sechs oder sieben Jahren. Sie sahen einfach zum Erbarmen aus. Ihre Kleider hingen ihnen in Fetzen vom Körper. Alle starrten vor Schmutz und hielten ihre Köpfe gesenkt. Die Jungen weinten leise.
Das hier muss der Sklavenmarkt sein, erkannte sie mit Schrecken. Sie hatte davon gehört, aber bisher noch keinen gesehen. Soll ich mein Gold für die beiden Kinder ausgeben?
Aber bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte, band der Sklavenhändler beide los und übergab ihre Stricke einem großen, dürren Mann, der sie hinter sich herzog. Sie heulten laut und gequält auf. Éla zerriss es schlicht das Herz. Sie drängte sich zwischen die dicht stehenden Männer und bemühte sich, zu dem dürren Mann zu gelangen, um ihm die Kinder wieder abzukaufen. Doch der Mann verschwand für sie unerreichbar in der Undurchdringlichkeit der gaffenden Menge. Élas Mitgefühl war geweckt.
Wenn an den anderen Buden weitere Kinder zum Verkauf stehen, werde ich sie unverzüglich retten!
Zielstrebig bahnte sie sich ihren Weg durch die Trauben schwitzender, diskutierender Männer. Ihr flüchtiger Blick erfasste an der nächsten Bude eine Gruppe Nubier, die eng aneinandergefesselt waren. Einige von ihnen besaßen nicht einmal mehr Kleidung.
An der darauffolgenden Bude standen drei Männer mit langen, ungepflegten Bärten und Haaren auf einem höheren Podest. Sie waren ebenfalls an Pfähle angebunden, allerdings hingen die Seile durch, sodass sie sich ein wenig bewegen konnten. Bis auf einen Lendenschurz waren auch sie unbekleidet. Einer fiel ihr besonders auf. Er war sehr groß; die beiden anderen Männer überragte er fast um einen Kopf. Seine Haare schimmerten hell in der Sonne, beinahe golden, und seine Haut wies große, farbige Bereiche auf: Die Schultern schimmerten rotbraun, die Beine dunkelbraun und sein Bauch war fast weiß. Dieser Mann hielt den Blick nicht gesenkt, wie andere Sklaven, sondern schaute ihr direkt in die Augen.
Éla erschrak im ersten Moment. Blaue Augen glitten über ihren Körper und ein breiter, roter Mund grinste sie frech an. Wie angewurzelt blieb sie stehen. Solch einen Mann hatte sie noch nie gesehen.
Neugierig machte sie zwei Schritte auf ihn zu. Dicke Muskelstränge zogen sich über seine Arme bis zu den Handgelenken, über Brust, Oberschenkel und Waden. Die Muskeln seiner breiten Brust wölbten sich, wenn er wie jetzt seine Finger und Arme anspannte. Seine Augen besaßen die gleiche Farbe wie das nicht weit entfernt rauschende Meer.
Der Sklavenhändler bemerkte Élas Interesse und witterte ein Geschäft. Lächelnd ging er auf sie zu.
»Aaah, die Dame beweist einen ausgezeichneten Geschmack und hat auch noch das Glück auf ihrer Seite. Ihr seht hier einen göttergleichen, wahrhaftig heroischen Krieger aus dem fernen Land des immerwährenden Eises, der besondere Schmuck einer jeden Eskorte. Dieser strahlende Sklave ist eine ganz besondere Gelegenheit, verehrte Dame. So etwas bekommen sonst nur Könige zu kaufen. Er ist sehr stark und außergewöhnlich schön. Eure Freundinnen werden vor Neid erblassen, wenn ihr sie mit ihm im Gefolge besucht. So eine einmalige Gelegenheit bekommt ihr so schnell nicht wieder!«
Éla sah sich den Sklaven noch einmal an. Die Beschreibung des Händlers fand sie zwar übertrieben, aber er gefiel ihr. Allerdings brauchte sie im Augenblick keinen eigenen Sklaven. Sie wohnte in ihrem Dorf im Haus ihrer Großmutter, seitdem diese zu ihrem Ehemann nach Euphranta gezogen war, und dort gab es ausreichend Diener, die sich um alles kümmerten. Éla schüttelte daher nur bedauernd den Kopf und ging weiter. Sie schaute sich noch die letzten drei Stände mit Sklaven an, aber nirgendwo wurden weitere Kinder angeboten. Éla atmete auf. Sie liebte Kinder, besonders ihre zwei nervigen Brüder, und sie würde alles tun, um Kindern in Not zu helfen. Erleichtert machte sie sich auf den Rückweg. Ihre Gedanken kehrten zu dem goldhaarigen Mann zurück. Brauche ich nicht doch einen persönlichen Beschützer?
Sadeh hatte vor einigen Monaten so etwas vorgeschlagen. Allerdings erschien ihr damals der Gedanke an einen ständigen Begleiter, der sie auf Schritt und Tritt beobachten würde, als Zumutung. Aber nun war sie älter und erfahrener. Sie würde ihre Großmutter gerne öfter besuchen und vielleicht auch in andere Städte an der Küste reisen. Selbst hier in Euphranta gab es so viel Neues zu entdecken, das konnte sie nicht während der wenigen Tage, die sie sich hier aufhielt.
Wenn ich in Zukunft das Dorf verlasse, kann ich natürlich nicht immer Amayas oder einen der anderen Männer zu meinem Schutz mitnehmen. Vielleicht ist ein eigener, wehrhafter Begleiter eine praktische Sache. Und natürlich würden mich meine Freundinnen beneiden, wenn ich mit so einem Sklaven zurückkäme!
Éla näherte sich auf dem Rückweg erneut dem Stand, blieb aber etwas abseits in seiner Nähe stehen. Mittlerweile hatten sich davor auch noch andere Männer versammelt. Einer von ihnen sprach gerade mit dem Händler. Er interessierte sich für den Mann, der in der Mitte stand.
»Eine hervorragende Wahl, mein Herr. Dieser außergewöhnliche Sklave stammt aus Ägypten. Er ist kampferprobt, stark und kann sogar schreiben und lesen. Der ideale Beschützer Ihres Hauses, Ihrer Herden oder Ihrer Familie.«
»Oh, ihr Götter!«, stöhnte der Mann und drehte sich zu seinem Nachbarn um. »Einen Schreiber oder Krieger brauche ich nicht, schon gar nicht für meine Familie. So wie der aussieht, müsste man ihn ja zuerst kastrieren, um sicher zu gehen, dass die Frauen ihn nicht anrühren! Nein, nein, ich suche einen kräftigen Arbeiter. Was ist mit dem Anderen da?«
Er zeigte auf den dritten Mann. Erst jetzt bemerkte Éla, dass die Handgelenke dieses Mannes mit bronzenen Ringen gefesselt waren. Sie hatte ihn vorher nicht richtig beachtet, weil er der Einzige von den Dreien war, der den Kopf gesenkt hielt.
Der Händler kratzte sich seinen Bart.
»Der ist sicher eine gute Wahl. Er ist groß und stark. Ich kann ihn Euch zu einem sehr günstigen Preis lassen, denn um meinen guten Ruf zu wahren, muss ich Euch sagen, dass er versucht hat zu fliehen. Zur Strafe wurde er ausgepeitscht. Er hat seine Lektion gelernt. In ein paar Tagen kann man ihn für jede Art von Arbeit gebrauchen.«
»Die Götter mögen mir gewogen bleiben, aber aufrührerische Sklaven kann ich wirklich nicht gebrauchen!«, wehrte der Mann entsetzt ab und ging weiter.
Auch die anderen Männer hatten ihr Interesse an den Sklaven verloren und entfernten sich murmelnd und kopfschüttelnd.
Élas Interesse war jedoch durch die Erwähnung Ägyptens erwacht. Sadeh stammte aus Ägypten. Ob sie sich über einen ägyptischen Sklaven freuen würde? Ein Sklave, der schreiben und lesen konnte und der in der Lage war, sich mit ihr in ihrer Muttersprache zu unterhalten, das wäre doch ein außergewöhnliches Geschenk. Würde ihr Vater einen Sklaven als Geschenk akzeptieren? Bestimmt! Da war sie sich sicher. Ihre Eltern liebten sich immer noch so innig wie am Tag ihrer Hochzeit. Außerdem erwartete ihre Mutter ihr drittes Kind und könnte etwas Hilfe bei der Verwaltung ihrer Herden gut gebrauchen. Der Sklave wäre sicher willkommen.
Sie schlenderte langsam auf den Stand zu und warf einen kurzen, prüfenden Blick auf den Ägypter. Der Händler war offensichtlich mit seiner Ware unzufrieden, denn er drohte dem dritten Mann mit seiner Faust.
»Ich hätte dich bei den Seefahrern lassen sollen. Du ruinierst mein Geschäft und meinen guten Ruf!“«, schimpfte er, bevor er sich abwandte.
Sobald er Éla bemerkte, zauberte er ein freundliches Lächeln auf sein Gesicht und sprach sie erneut an.
»Oh, werte Dame, überlegt euch das noch einmal mit dem Sklaven. So ein Angebot bekommt ihr so schnell nicht wieder. Ich mache euch auch einen besonders günstigen Preis.«
Éla blieb stehen und sah sich den blonden Mann noch einmal genau an. Er grinste schon wieder und warf ihr einen aufmunternden Blick zu. Offensichtlich versuchte er, sie von seiner Kraft und Schönheit zu überzeugen. Ihr Blick wanderte weiter zu den beiden anderen Männern. Beide wirkten neben dem blonden Riesen geradezu schmächtig, doch nicht weniger muskulös. Der hübsche Ägypter schaute sie verzweifelt, ja fast flehend an. Sein Blick huschte zu dem dritten Mann, der immer noch seinen Kopf hängen ließ. Er hatte nicht einen Muskel bewegt, als der Sklavenhändler über ihn sprach oder ihm drohte. War er taub oder verstand er kein Griechisch?
»Was ist mit den beiden anderen Männern? Sind sie auch Krieger? Können sie eine Frau beschützen?«
Der Händler schöpfte erneut Hoffnung.
»Aber natürlich, meine Dame. Alle drei sind hervorragende Krieger. Die beiden anderen stammen aus Ägypten. Ägyptische Sklaven sind sehr selten. Ihr hättet eine schöne Eskorte, wenn ihr alle drei nähmet. Sie sind stark und treu!«
Éla konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken.
»So treu, dass der eine fliehen wollte? Ihr scherzt, mein Herr!«, schnaubte sie verächtlich.
Bei ihren abfälligen Worten hob der dritte Sklave erstmals seinen Kopf ein wenig an. Der Blick, der sie aus goldenen Augen traf, ließ ihren Atem stocken. Sie spürte Hitze, Wut und Verachtung.
Ihr Widerstand regte sich sofort. Sie wollte dem Mann seinen unverschämten Blick zurückgeben, doch der hatte den Kopf schon wieder gesenkt, als habe er sich nicht bewegt.
Hatte sie sich diesen Blick womöglich nur eingebildet?
Éla war noch verwirrt über ihre widerstreitenden Gefühle, als sie der hübsche Ägypter ansprach.
»Herrin, wir wären dir treu ergeben und würden dich mit unserem Leben beschützen, wenn du uns nur eine Chance gibst. Das schwöre ich bei meiner Ehre. Kein Feind könnte dir etwas anhaben. Ich verbürge mich auch für meinen Freund. Wenn du uns rettest, wird er nicht fliehen, sondern sein Leben in deine Hände legen.«
Der so Angesprochene hob nochmals seinen Kopf und warf seinem Freund einen scharfen Blick zu. Anschließend schaute er Éla direkt an. Kein Muskel zuckte über seine Wangen, während seine Augen über ihren Körper glitten.
Éla reckte ihren Hals, verschränkte ihre Hände hinter ihrem Rücken und wippte auf den Zehen. Sie warf ihm einen herausfordernden Blick zu.
»Stimmt es, was der Mann sagt? Kann man dir vertrauen?«
Es dauerte einen winzigen Moment, bis er antwortete.
»Ja.«
Der Händler versuchte ein zufriedenes Lächeln zu unterdrücken. Er rieb sich bereits die Hände. Sie hatte sich weit vorgewagt. Er könnte doch noch einen guten Preis für die Männer erzielen, wenn er sie nur noch ein klein Wenig weitertrieb.
In diesem Augenblick trat ein hochgewachsener Mann auf die junge Frau zu. Seine Stimme klang zornig. Er redete in einer Sprache, die der Händler nicht verstand.
Amayas hatte Éla aus den Augen verloren. Als er sich mit dem Tuchhändler endlich auf einen Preis verständigt hatte, war sie verschwunden. Lange suchte er sie an allen Ständen vergeblich. Er malte sich schon die Entrüstung ihrer Großmutter aus, wenn er ohne sie zurückkäme, oder ihr etwas zugestoßen wäre. Endlich fand er sie bei den Sklavenhändlern.
Das musste man sich vorstellen! Die Tochter des Amenokal, des mächtigsten Fürsten der Imenan, stand alleine zwischen zwielichtigen Gestalten bei Sklavenhändlern und verhandelte offensichtlich über den Kauf fast nackter, ungepflegter Männer. Er konnte seinen Ärger nicht länger kontrollieren.
»Éla! Wie kannst du dich alleine auf einen Sklavenmarkt wagen? Hier ist der schlimmste Abschaum Euphrantas und der gesamten Umgebung versammelt! Wie leicht könnte dich jemand entführen und dich dann selber als Sklavin verkaufen. Komm sofort mit. Wir gehen zurück!«
Éla war es nicht gewohnt, in einem derart scharfen Tonfall gescholten zu werden. Stolz reckte sie sich und sah Amayas direkt in die Augen.
»Ich bin eine erwachsene Frau! Und du kannst mir nicht befehlen, was ich zu tun und zu lassen habe. Außerdem bin ich gerade dabei, mich für die Zukunft zu schützen. Ich möchte diese drei Krieger erwerben. Sie haben mir schon jetzt ihre Treue geschworen. Ihr wolltet doch alle, dass mich in Zukunft eine Eskorte beschützt! Dann sieh zu, dass du diese Männer zu einem vernünftigen Preis bekommst. Ich warte auf dich am Stand des Tuchhändlers.«
Mit diesen Worten drehte sie sich um und ließ ihn einfach stehen.
Amayas schnaubte wütend. Er hatte es doch gewusst! Warum nur hatte er sich von Chajan überreden lassen, Éla zu ihrer Großmutter zu begleiten? Sie war seit ihren Kindertagen für ihre Streiche und ihren Eigensinn bekannt. Das nächste Mal würde er es einfach ablehnen!
Rasch musterte er die drei Männer. Würden sie wirklich eine verlässliche Eskorte abgeben? Dann wären Chajan und er vieler Sorgen ledig. Der hellhaarige Mann schaute Éla enttäuscht hinterher, der mittlere Mann wirkte regelrecht verzweifelt und der dritte schaute ihn direkt an. Sie maßen sich mit ihren Blicken. Amayas konnte aber keine Abwehr oder Feindseligkeit an ihm entdecken. Er warf ihm trotzdem einen warnenden Blick zu und der Andere senkte wie zustimmend den Kopf.
Da hatte sich Éla ja eine schöne Leibwache ausgesucht. Doch alle drei Männer sahen stark und kräftig aus, und aufgrund ihrer Reaktionen auf Élas Verschwinden hoffte er, dass sie auch loyal sein würden.
Den Händler hatte Élas Abgang in tiefe Verzweiflung gestürzt. Seine letzte Hoffnung auf Profit an diesem Tag war dahin. Der fremde Mann hatte ihm alles verdorben. Böse schaute er ihn an.
»Verschwindet bloß! Ihr habt mir mein Geschäft verdorben!« schimpfte er und wollte sich abwenden.
»Ich möchte mir diese Männer genauer ansehen. Vielleicht kommen wir ja ins Geschäft«, hielt ihn Amayas auf.
Sofort brannte sich ein breites Lächeln in sein Gesicht.
»Aber natürlich, mein Herr! Kommt nur, kommt! Selbstverständlich könnt Ihr Euch die Männer genau ansehen!«, erwiderte er demütig und verneigte sich tief. »Kommt nur herauf.«
Amayas erklomm das Podest und umrundete jeden Mann. Er überflog ihre Körper hinsichtlich ihrer Kraft und ihres körperlichen Zustandes, suchte nach Anzeichen für Krankheiten und flüsterte jedem ins Ohr, dass er sie persönlich zur Rechenschaft ziehen würde, würden sie ihrer Aufgabe nicht gerecht.
Der hellhaarige Mann und der mittlere waren schnell erledigt, der letzte jedoch war verletzt. Seinen Rücken überzogen rote Striemen, die teilweise tief in die Haut geschnitten hatten. Er war offensichtlich vor nicht allzu langer Zeit ausgepeitscht worden. Darüber hinaus hatte er im Schulterbereich eine große, gezackte Narbe. Auch sie war noch nicht völlig verheilt. Er würde noch eine Zeitlang unter Schmerzen leiden, wenn er sich anstrengte, und bis er seine Kräfte völlig wiedergewonnen hätte, würden noch mehrere Wochen vergehen. Sein Verhalten zeugte von Körperbeherrschung und Stolz. Sollte er besser auf ihn verzichten? Aber Éla hatte gesagt, sie wollte alle drei. Nun, dann sollte sie auch alle drei bekommen!
»Was willst du für die beiden Männer? Den dritten kann ich nicht gebrauchen.«
Nun begann ein heftiges Feilschen um den Preis, das Amayas gedachte zu gewinnen. Nach zähem Ringen hatte er die Männer zu einem vernünftigen Preis erstanden, alle drei. Der Sklavenhändler befreite sie von ihren Fesseln und Amayas befahl ihnen ihm zu folgen. Unverzüglich machte er sich auf die Suche nach Éla. Dieses Mal fand er sie, wie abgesprochen am Stand des Tuchhändlers.
Éla hatte inzwischen erste Zweifel an ihrem überhasteten Entschluss bekommen, die Sklaven zu kaufen. Verantwortung für andere Menschen zu tragen, war ihr fremd. Die Diener im Haus ihrer Großmutter brauchten weder ihren Rat noch ihre Unterstützung. Ja, sie verwöhnten sie geradezu, weil sie Éla von Kindesbeinen an kannten. Als sie Amayas jedoch mit den Männern auf sich zukommen sah, wischte sie sämtliche Bedenken fort und lächelte ihn dankbar an. Er brachte ihr tatsächlich alle drei. Manchmal fand sie es schon praktisch, einen gewieften Händler an ihrer Seite zu haben.